In einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg (2 K 3669/19) hat das Verwaltungsgericht dem Klagebegehren unseres Mandanten stattgegeben. Der Vorwurf der Täuschungshandlung konnte seitens der Hochschule nicht geführt werden.
Was was passiert?
Der von uns vertretene Mandant wehrte sich gegen den unberechtigten Vorwurf einer Täuschungshandlung. Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften war der Auffassung, dass unser Mandant die Prüfungsleistung nicht eigenständig erbracht habe und bewertete die Prüfungsleistung mit "nicht bestanden". Unser Mandant beauftragte uns mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens. Mittels der Akteneinsicht überprüften wir präzise die von der Hochschule vorgetragenen angeblichen Auffälligkeiten und Übereinstimmungen mit der Lösungsskizze. Trotz umfangreicher Begründung im Widerspruchsverfahren hielt die Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Vorwurf der Täuschungshandlung fest. Rechtsanwalt Christian Reckling erhob sodann Klage. Nach ausführlicher Klagebegründung und einer intensiven mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme folgte das Verwaltungsgericht Hamburg unserer Rechtsauffassung, dass die Täuschungshandlung durch die Hochschule für Angewandte Wissenschaften nicht bewiesen werden konnte. Somit muss die gegenständliche Prüfungsleistung nunmehr regulär bewertet werden. Der Vorwurf der Täuschungshandlung wird nicht mehr weiterverfolgt. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
Rechtliche Würdigung
Es versteht sich von selbst, dass Prüfungsleistungen eigenständig und nur mit Zuhilfenahme zulässiger Hilfsmittel angefertigt werden sollten. Wenn dem nicht so ist, ist die Täuschungshandlung entsprechend zu sanktionieren. Eine Täuschungshandlung setzt dabei voraus, dass der Prüfling eine selbstständige und reguläre Prüfungsleistung vorspiegelt, obwohl er sich bei deren Erbringung in Wahrheit unerlaubter Hilfe bedient hat. In subjektiver Hinsicht bedarf es zum einen der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Regelverletzung ergibt. Zum anderen muss die Regelverletzung mit dem Vorsatz begangen werden, sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Die Beweislast für einen Täuschungsversuch liegt bei den Hochschulen. Erleichterung bei der Beweisführung können sich dabei aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ergeben. Die Anscheinsbeweisführung setzt einen Sachverhalt voraus, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf einen bestimmten Verlauf hinweist und es rechtfertigt, die besonderen Umstände des einzelnen Falls in ihrer Bedeutung zurücktreten zu lassen. Regelmäßig berufen sich die Hochschulen auf den Anscheinsbeweis. Aber genau dieser unterliegt ebenfalls bestimmten Voraussetzungen. So auch in dem von uns vertretenen Fall, in dem die Hochschule meinte, das reine Abstellen auf den Anscheinsbeweis sei ausreichend. Dem war nicht so. Die Klage war erfolgreich.
Praxistipp
Betroffene Prüflingen sollten sich im Falle des Vorwurfs einer Täuschungshandlung nicht vorschnell eine Stellungnahme abgeben. Es empfiehlt sich, den Vorwurf überprüfen zu lassen, denn die Sanktionen reichen vom "Nichtbestehen" bis zum endgültigen Ausschluss von weiteren Prüfungen. Eine präzise Verteidigung ist daher gefordert. Bundesweit vertreten wir betroffene Prüflinge und stehen Ihnen beratend und vertretend zur Seite.
Christian Reckling steht Ihnen insbesondere für Examensanfechtungen Jura, im Prüfungsrecht und Beamtenrecht als fachkundiger und sehr erfahrener Ansprechpartner zur Verfügung.